am Samerschlag | © Ulf Radler 2023

Schneeschuhtour im Sellrain

16.04.2023
1. Tag: Anreise, Hüttenaufstieg

Schon gestern sind wir in Magdeburg aufgebrochen und bis zum schönen Ort Grinzens gefahren, wo uns vier (Friederike & Ulf, Denise und Paul) eine einfache Ferienwohnung beherbergt und eine nahe Pizzeria beköstigt hat. Heute ziehen sich die 7,5km zur Hütte ziemlich: Mit den schweren Rucksäcken brauchen wir viele Pausen und meistern erste Hangquerungen mit Schneeschuhen. Ein zuvor geradliniger Teleskopstock macht die Biege, sonst kommen alle/alles heil oben auf der Pforzheimer Hütte (2308m) an. Die neue Hüttenpächterin geriert sich äußerst geschäftstüchtig, aber Erfahrung auf über 100 Hütten macht sich bezahlt...

2. Tag: Eingehtour

Für einige von uns die erste Hüttenübernachtung ever, für alle hätte der Schlaf ergiebiger sein können. Einmal Kopfschmerzen, dreimal müde Knochen, viermal Begeisterung: Es ist toll hier oben! Auch wenn heuer sehr wenig Schnee liegt, das Weiß ist beeindruckend. Wir stapfen sanft ansteigend taleinwärts und folgen am ersten Steilhang dem Zickzack der Skispuren. Auf dem Rückweg unserer 8km-Runde schlurfen wir ent-spannt über den Talboden, um dann ziemlich an-gespannt den steilen Hang schräg zur Hütte raufzukeuchen; wir sind froh um unsere Lawinenausrüstung - die wir aber sämtlich unbenutzt nächste Woche in der Sektion zurückgeben werden. Später erfahren wir von den Dresdner Lagernachbarn, dass unsere Spezies von den Skitourengehern "Pinguin" genannt wird, und tatsächlich watscheln wir wohl etwas.

3. Tag: Samerschlag (2827m)

Wie vereinbart starten wir um 8:00 c.t. bei noch etwas wolkigem Himmel, wiederum sanft ansteigend von der Hütte westwärts. Wir laufen eine große Kurve, und schon bald sehen wir den Gipfel, den uns der kundige Hüttenwirt empfohlen hat - und eine erste recht frische Lawine mit ziemlich breiter Anrisskante, zum Glück etwas rechts von unserem Weg: Die Skitourengeher haben alle die linke Alternative aus den Beschreibungen gewählt, dem folgen wir gern. Ich messe über 35° Hangneigung und entsichere vorsichtshalber wieder meinen Lawinenairbag. Ganz oben werden Ski und bei uns die Schneeschuhe abgeschnallt, und am Gipfel lassen wir uns zur genüsslichen Pause im Sonnenschein nieder, um die Hammer-Aussicht windstill zu genießen. Hier oben gibt es ganz kurz Mobilfunk, ansonsten "fasten" wir diese Tage digital. Wieder kommen wir so früh zur Hütte zurück, dass eine ausgedehnte Siesta möglich ist.

4. Tag: Sonnenwand-Versuch

Von den anderen naheliegenden Gipfeln hat uns der Hüttenwirt zurecht abgeraten, also steuern wir nochmals taleinwärts zu und die südlichste Sonnenwand an, heute soll es ein Dreitausender werden. Vorsichtshalber habe ich noch Pickel, Seil & Co. eingesteckt - natürlich nur, um die Mitnahme aus MD überhaupt rechtfertigen zu können... Als wir die Skiroute zur Rosskarscharte verlassen, übernimmt Ulf die anstregende Spurarbeit. Kurz darauf melden sich diesmal andere(-r) Kopfschmerzen, und so beschließen wir nach offener Besprechung einmütig, dass ein schöner Aussichtsmuckel auf ca. 2800m Höhe unser Ziel gewesen sei. Der von hier sichtbare Gipfelhang steilt sich doch extrem auf, und der Gipfelgrat sieht auch nicht einfach aus. Uns überholende Skitourengeher drehen auch bald um. Durch den glasklaren Himmel gab es heute früh zweistellige Minustemperaturen - und jetzt eine umwerfende Rundumsicht in diesem herrlich weiten Tal!

5. Tag: Talabstieg, Heimreise

Nachdem wir am Vortag verschiedene Alternativen "demokratisch geprüft" haben, steigen wir überzeugt auf direktem Weg ins Tal ab. Der lawinen-berüchtigte Hüttenhang kommt uns steiler vor als beim Aufstieg, aber die Lawinenwarnstufe ist auf 1 gesunken und alles liegt noch festgefroren im Schatten. Pausen brauchen wir heute kaum, und so sind wir schon nach 2 Stunden am Auto. Die zuvor recherchierte Bäckerei in Zirl wird überfallen, Autobahnproviant erstanden, und diesmal kommen wir komplett staufrei durch München und die halbe Republik. Rechtzeitig zur Tagesschau sind alle vier in eigenen vier Wänden.

Fazit: Nochmal!!!

Wir sind schnell zu einer kleinen Gemeinschaft gewachsen, haben uns alle gut verstanden und immer auf Augenhöhe über Routen- und Spurwahl entschieden: So wünsche ich mir das! Danke an die anderen drei, die mein Mitstreitergesuch erhört haben! Vielleicht ergibt sich nächstes Jahr wieder so eine Lücke in meinem Dienstplan, dann wünsche ich mir wieder mal Winter-Gletscher. Hach...!

Paul Hoffmann